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„Ich bin“ – oder: Jesus sprengt unsere Vorstellungen

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 5. Sonntag der Osterzeit (Lesejahr A)
„Ich bin“ – oder: Jesus sprengt unsere Vorstellungen
„Ich bin“ – oder: Jesus sprengt unsere Vorstellungen
© Tumisu auf pixabay.com
  • Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 5. Sonntag der Osterzeit über Vorstellungen zum Download

Die Texte des 5. Sonntag der Osterzeit des Lesejahres A, die Lesungen (Apg 6, 1–7 und 1 Petr 2, 4–9) und das Evangelium (Joh 14, 1–12), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,

wenn ich versuche, mich hinter der feierlichen Sprache des Johannesevangeliums in die Situation der Jünger hineinzuversetzen, begegnen mir Männer, die sehr gefühlsbetont reagieren: Nach drei Jahren des Lebens mit Jesus kündet ER bei einem Essen das Ende ihrer gemeinsamen Zeit an! Sie merken: ER meint es ernst. Ihre Reaktion darauf ist verständlich. „Euer Herz lasse sich nicht verwirren“ – sie sind verletzt! Jesus wirft Petrus vor, dass dieser ihn bald verraten würde und dass alle anderen Ihm nicht folgen könnten. Wie sollten sie sich nicht verlassen – und verraten! – fühlen?! Da will Er sie einfach verlassen. Sie hatten doch für Ihn alles aufgegeben. Und vor allem: Sie fühlten sich bei Ihm „zu Hause“! ER hatte einen Platz in ihrem Herzen und will sich nun davonmachen. Sie hören Ihn: „Ich werde einen Platz für euch vorbereiten; ich komme wieder; ich hole euch zu mir“ und ich glaube nicht, dass diese Worte sie in diesem Moment erreicht haben. Aus Thomas platzt es heraus: „Wir wissen nicht, wohin du gehst!“

- Jesus kündet den Jüngern nicht nur Sein Leiden, Tod und Auferstehung an. ER versucht ihnen deutlich zu machen, dass das Verhältnis zu Ihm etwas anderes bedeutet, als ein rein menschliches Miteinander. Und genau so will ER es auch uns erklären. Denn auch wir versuchen oft, Jesus auf das zu begrenzen, was wir verstehen – und wie wir es verstehen.

Er sagt: Ich BIN der Weg, die Wahrheit und das Leben. ER sagt nicht: Ich gehe mit euch auf einem Weg, ich kenne die Wahrheit und erhalte am Leben. Das müssen wir immer wieder hören. Hier habe ich gut meinende, kirchlich gesinnte Menschen im Blick und ihr Festhalten an Glaubenstraditionen, wodurch sie meinen, schon auf Seiner Seite zu sein – und alle anderen nicht. Menschen, die zu wissen glauben, dass nur eine ganz bestimmte Lebensweise – ein „Weg“ – zum Heil führt. Menschen, die glauben, dass Leben „Gesundheit“ bedeutet. Für sie hat all das mit Sicherheit zu tun und ich verstehe, wie sie sich gegen eine andere Sicht wehren – so wie die Jünger nicht begreifen wollen und können, was Jesus ihnen da im Abendmahlssaal ankündigt.

Jesus verharmlost nicht die Sehnsucht Seiner Jünger – der Menschen – nach Sicherheit. Im Gegenteil: Er ist viel radikaler! ER sagt: Ich bin! Wenn du einen Weg zu richtigem Leben – jetzt schon! – Wahrheit und Lebensführung finden willst, dann bin ich das! Jesus sprengt Vorstellungen und bietet eine ganz neue Sicherheit!

Hier denke ich an einen jungen Mann in der Ehevorbereitung. Da begegnet mir nicht einfach ein Atheist, sondern jemand, der jede menschlich-verengte Vorstellung von Gott ablehnt. Für ihn gibt es vielmehr Wahrheiten in allen Religionen, die er gleichsam „von oben“ betrachtet. Damit aber legt auch er sich nicht fest und bleibt auf seiner Insel, die ihm im Meer des Lebens scheinbar Sicherheit bietet, ihn aber tatsächlich viel mehr einengt, als dies eine religiöse Vorstellung tun würde.

Nein, wenn du den Weg, die Wahrheit und das Leben finden willst, dann geht das nur über mich. Das heißt: wenn du dich der göttlichen Präsenz in deinem Leben öffnest. Dies geschieht, indem ich den Blick des irdischen Jesus einnehme, wie Er uns in den Evangelien entgegen tritt: Sein Verhalten gegenüber den Mitmenschen; Seine Einstellung gegenüber Macht und Reichtum; Sein Blick auf die Umwelt und die Strukturen, die den Menschen unfrei, arm und abhängig machen. Durch das Evangelium sagt uns Jesus heute: Lass dich darauf ein und du wirst Dinge erkennen, die andere nicht erkennen; du wirst Wege geführt, die andere nicht gehen – und in all dem wirst du meine Gemeinschaft erfahren, also echtes Leben.

- Ja, ich verstehe die Jünger, die im Abendmahlssaal versammelt sind und über die Ankündigung Jesu erschrecken. Schritt für Schritt hatte ER sie aus ihrem bisherigen Leben und Denkmustern herausgeführt. Dann kam für sie der entscheidende Schritt, der entscheidende Sprung – und es ist der Sprung der keinem von uns erspart wird: Lasse ich mich darauf ein, bei Gott zu Hause zu sein und wage so mein Leben? Wage ich es, mich von Gottes Gegenwart jeden Tag neu überraschen, herausfordern und auf neue Wege führen zu lassen – von IHM, der es fertigbringt, mir hier gleich unter der Gestalt eines einfachen Brotes zu begegnen?

Amen.

Dr. Robert Nandkisore
Leiter des Pastoralteams, Vertretung der Pfarrei nach außen und Ansprechpartner für Tauf- und Eheseminare und Kirchenentwicklung
Kirchgasse 165343Eltville
Tel.:06123-703770

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