Heilig sein – oder: Wofür steht mein Leben?


- Heilig sein – oder: Wofür steht mein Leben?
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zu Allerheiligen (1. November) zum Download
Die Texte zum Allerheiligen wie der Lesungen (Offb 7, 2–4.9–14 und 1 Joh 3, 1–3) und des Evangeliums (Mt 5, 1–12a) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Die Predigt und Texte vom letzten Sonntag (31.10.2021) finden Sie im Artikel Das wichtigste Gebot – oder: was lässt mich leben?

Liebe Schwestern und Brüder,
vorhin haben wir es wieder alle getan: Am Beginn des Gottesdienstes haben wir uns mit dem Kreuzzeichen bezeichnet. Wir tun es immer, fast schon mechanisch. Hoffentlich nicht gedankenlos! Denn dieses Zeichen will sagen: Ich gehöre zu Christus – ich gehöre zu Dem, der für mich gekreuzigt wurde. Sein Leben, Sein Vorbild sollen mich prägen.
Große Worte – und indem ich sie spreche weiß ich, dass ich ihnen immer wieder nicht gerecht werde. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Finden wir uns damit ab? Sagen wir, dass das halt so sei …?
Das heutige Fest soll uns Mut machen: Denn es zeigt uns die Vielen, die Unzähligen, von denen wir sagen dürfen: Ihr Leben steht für dieses Zeichen, ihr Leben steht für Den, dem sie vertraut haben.
Wir könnten jetzt sagen: Naja, die sind halt etwas Besonderes und als solche ehren wir sie ja auch. Aber für die meisten von uns gilt doch, dass wir im Alltag schauen müssen, wie wir über die Runden kommen!
Vorsicht! Machen wir es uns damit nicht zu einfach! Beim „Heilig-Sein“ geht es in erster Linie nicht um ein Tun, sondern um eine Haltung, eine innere Einstellung – und eine solche zeigt sich in allem, was ich in meinem Leben unternehme.
Jeder von uns steht, ob er das weiß oder nicht, unter einem „Zeichen“: Mehr und mehr Menschen setzen sich für die Schöpfung ein, für Nachhaltigkeit und „grüne“ Technologien. Das zeigt sich in ihrem Alltag bis in die Kleinigkeiten hinein: Was kaufe ich wo – benutze ich ein Auto …
Andere beginnen ein veganes oder vegetarisches Leben: Wenn sie zu einem Essen eingeladen werden, müssen sie Farbe bekennen; sie fordern entsprechende Rücksicht im Speiseplan von Zügen, Flugzeugen und Mensen …
In der Pandemie begegnen uns Impfgegner – sie müssen damit leben, dass sie bei 2-G-Regeln ausgeschlossen werden – und sie leben damit, weil ihnen ihre Überzeugung wichtig ist.
Menschen im politisch konservativen oder progressiven Lager: Sie vertreten ihre Position, sie sind meist konsequent – oder wollen es sein – und machen kund, was ihnen wichtig ist und wofür sie eintreten. Das gilt auch in der Kirche. Wenn ich einmal so viel Einsatz für eine Wiederbelebung der Sakramentenpraxis in unserem Bistum erleben würde wie für die Gendersprache oder neue Machtverteilung …
Wofür stehe ich in meinem Leben und gebe dafür Zeugnis? Wenn es mir nicht bewusst sein sollte: mein Alltag zeigt es mir.
Das Kreuzzeichen am Beginn der Messe erinnert mich daran, wofür ich eigentlich stehen möchte – das unterstelle ich jetzt jedem von uns erst einmal! Damit das geschehen kann, der Einsatz meines Lebens für etwas anderes, für eine Sache, braucht es am Anfang eine Erkenntnis, ein Erlebnis, einen Schock, ein Augen-Öffnen. Bei jungen Menschen geschah dies z.B. mit und durch die „Fridays-for-future“-Bewegung: Die setzen sich ein (oder versuchen es zumindest), weil ihnen etwas wichtig geworden ist.
Unseren Heiligen ist etwas wichtig geworden und wenn wir uns mit ihnen beschäftigen, würden wir sehen, dass das bei jedem und jeder anders geschah: Aber immer so, dass ihr Leben von diesem Moment an für diese „Sache Jesu“ stehen sollte. Ich glaube, dass es bei vielen von uns gar nicht an gutem Willen mangelt – aber es fehlt die „Zündung“, es fehlt eine Erfahrung, eine Begegnung, ein besonderes Ereignis, dass uns zeigt: Für dieses Zeichen des Kreuzes soll mein Leben stehen. Auch wenn die Haltung Jesu für viele Zeitgenossen töricht und unrealistisch erscheint – ich weiß, dass es stimmt, dass das Kreuz eine Macht hat, dass der Geist Gottes in mir eine Macht hat, wenn ich Ihn in mir wirken lasse – wenn ich Ihm das Steuer meines Lebens in die Hand gebe. Dazu braucht es Mut, bestimmt. Aber es gibt glaubwürdige Zeugen, die uns ermutigen, es zu tun. Die eine Erfahrung gemacht haben, die alles veränderte – wir feiern sie heute. Es braucht jetzt nur meine Entscheidung – ich kann sie jetzt treffen.
Amen.
Zu Christus, der uns einlädt, in Seinem Licht zu leben, bitten wir:
- Für die Menschen, die sich bemühen, aus dem Geist der Bergpredigt die Sorge Jesu zu teilen: für die Verkünder der Frohen Botschaft, für die Missionare und Ordensleute, für alle, die als Christen auf vielfältige Weise im Alltag Zeugnis geben.
(Du Quell der Heiligkeit – wir bitten Dich, erhöre uns) - Für diejenigen, die mit Liebe und Verständnis gerade in dieser Zeit der Corona-Krise für andere da sind: in der Seelsorge, in den Pflegeberufen, in unseren Familien.
- Für die Menschen, die sich einsetzen für Frieden und Gerechtigkeit unter den Völkern und Staaten. Für alle, die in diesen Tagen in Glasgow vor Entscheidungen stehen, die unser aller Leben betreffen.
- Für unsere Jugendlichen, die sich in diesen Tagen auf das Sakrament der Firmung vorbereiten: Dass wir sie auf dem Weg zur Heiligkeit ermutigen und ihnen selbst darin Vorbild sind.
- Für alle, die in diesen Tagen beim Gedenken an einen lieben verstorbenen Menschen trauern: stärke sie alle mit der Botschaft Deiner Auferstehung.
- Für unsere Verstorbenen: dass in Deinem Licht ihre Heiligkeit erstrahlen möge.
Barmherziger Gott, mit allen Heiligen loben und preisen wir Dich durch Jesus Christus, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
