Gottes Wort im Fleisch – Sein Handeln JETZT durch mich
Die Texte am 2. Sonntag nach Weihnachten des Lesejahres C, die Lesung (Sir 24, 1–2.8–12 und Eph 1, 3–6.15–18) und das Evangelium (Joh 1, 1–18), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
wir hörten heute noch einmal das Evangelium des Weihnachtstages. Also: Noch einmal hinhören, was uns gesagt wurde und wird – und nüchtern Bilanz ziehen, ob wir lediglich das Fest auf unserer jährlichen To-do-Liste abgehakt haben, oder aus seiner Botschaft leben – und damit ständig mit diesem „Weihnachtswort“ zu tun haben.
Das Wort – um das geht es. Und das in einer Welt, in der wir von Worten überfüttert sind, überschwemmt und erschlagen werden. Galt früher das Wort mit Handschlag, müssen heute wortreiche Verträge her. Ehrenwort und Versprechungen – wir sind ihnen gegenüber zumindest vorsichtig geworden.
Das zentrale Wort im Christentum ist Gott selbst. Sein Dasein. Mehr noch: Sein Hier-Sein, Sein Für-mich/uns-Sein. Radikal. Von der Wurzel her: Von Empfängnis und Geburt an, auch gesellschaftlich eher „unten“ als „oben“ angesiedelt. Das ist es, was das Christentum verkündet und warum es gerade am Anfang eine so faszinierende Wirkung hatte: Da ist ein Gott, dem wir beim Wort nehmen können, der unser, mein Retter sein will!
Die christliche Bedeutung von Weihnachten steht und fällt mit diesem Wort.
- Wir begehen in diesem Jahr nicht nur ein Heiliges Jahr, sondern erinnern auch an das erste christliche Konzil vor 1700 Jahren in Nicäa bei Konstantinopel. Kurz nach der Religionsfreiheit, die Kaiser Konstantin den Christen 313 schenkte, kamen alle Bischofe der damaligen christlichen Welt zusammen, um eine ganz entscheidende Frage zu klären: Wer ist Jesus Christus? Ist Er Gottes Sohn? Ein besonderer Mensch? Ein von Gott „adoptierter“ Gesandter? Ganz klar war, entsprechend des eben gehörten Evangeliums: Gottes Sohn, von Anfang an, Mensch geworden durch den Heiligen Geist in Maria. Das war der Dreh- und Angelpunkt des christlichen Glaubens – und das ist er heute noch genau so!
Aber so wie damals schieden sich auch heute die Geister daran. Jesus als guter Mensch; spiritueller Meister; ein Vorbild, um göttliche Gedanken in der Welt zu leben und das Miteinander menschlicher zu machen: das findet breite Zustimmung. Aber: Gott selbst?
Seinen Ausdruck findet diese Skepsis augenfällig im Rückgang der Wertschätzung der Sakramente. Sie sind keine Erinnerung – sie sind das Handeln Gottes JETZT an mir, an uns, an Welt und Kirche.
Kann ich das glauben? Ich bin mir sicher: Viele Menschen würden es gerne glauben! Die Sehnsucht danach ist da, sich auf ein Wort zu verlassen; danach, dass jemand da ist, bleibt, sich sorgt, die Einsamkeit teilt, versteht, ermutigt – ja mehr noch: mir Sinn schenkt und den Weg zeigt, für den sich das Leben lohnt. Trauen wir uns, diesem Wort zu glauben? Es braucht Vorbilder, Ermutiger.
In der Liturgie sprechen wir: „Sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“. Das Wort kommt, spricht mich an. Bei jedem Kommuniongang bittet es mich – wie bei Maria – in mir ankommen zu dürfen, in mir Fleisch zu werden, durch mich geboren zu werden. Was kann in dieser Welt alles werden wenn wir das zulassen!? Es wird kein einfacher Weg sein – wie bei Maria – aber es wird ein Weg sein, der so viel Heilung bringen kann, Licht, Hoffnung. Die Mystiker früherer Zeiten nannten das die „Gottgeburt“ in der Seele des Menschen. Das singen wir bis heute in einem Weihnachtslied: „Süßer Immanuel, wer auch in mir nun geboren“ (GL 251,7).
Der Dominikaner und Mystiker Johannes Tauer sagte im 14. Jahrhundert: Die aus Gott Geborenen sind die Säulen der Welt und die Pfeiler der Kirche“. Da geht es also nicht um wenig!
Oder anders ausgedrückt: Eine Seele, die Gott liebt, bringt Gott in dieser Welt immer wieder neu hervor. Es Gott ermöglichen zu handeln – darum geht es. Das ist die Frucht von Weihnachten – das ist das Echo Seines Wortes in mir.
Amen
Christus, das Ewige Wort des Vaters, das Fleisch geworden ist, bitten wir:
- Hilf uns als Deiner Kirche in diesem Heiligen Jahr, Dein Wort und Deine Nähe neu zu entdecken und damit Pilger der Hoffnung für diese Welt zu werden.
(Komm, Herr Jesus – Komm, Herr Jesus) - Für alle, die unter dem Fehlen menschlicher Worte und ihrer Einsamkeit leiden, die nicht spüren, geliebt zu sein.
- Für diejenigen, die den großen Worten unseres Lebens nicht mehr glauben können, deren Liebe zerbrochen, Hoffnungen enttäuscht und Perspektiven zerstört sind.
- Für die Menschen, die durch Krankheit verängstigt, durch eine Trennung entmutigt, durch Konflikte verletzt sind.
- Für die, die unter Krieg und Terror leiden, die sich nach einem Wort des Friedens und Taten der Versöhnung sehnen.
- Für diejenigen, deren Leben zu Ende geht, die gestorben sind und in unserem Leben eine Leere zurückgelassen haben.
Barmherziger Vater, Dein Wort hält, was es verspricht, Dein Sohn Jesus Christus, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.