Gott ist die Liebe - oder: wagen, das Leben einzusetzen


- Gott ist die Liebe - oder: wagen, das Leben einzusetzen
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zum 6. Sonntag der Osterzeit 2021 zu Johannes 15, 9-17 zum Download
Die Texte des 5. Sonntag der Osterzeit wie der Lesungen (Apg 10, 25–26.34–35.44–48 und 1 Joh 4, 7–10) und des Evangeliums (Joh 15, 9–17) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.

Liebe Schwestern und Brüder,
„Gott ist die Liebe – jeder, der liebt, stammt von Gott“ (vgl. 1 Joh 4,7). Wer würde als gläubiger Mensch diesen Satz nicht begrüßen? Kirche, Liturgie und Gottesdienste, Gemeinde – wer sie braucht: schön und gut. Aber entscheidend ist doch: liebst du? Das ist doch der Dreh- und Angelpunkt. Wenn du liebst: „God bless you“!
- Wenn jeder jetzt erzählen würde, was er oder sie unter Liebe versteht, würden wir eine ganze Fülle von Umschreibungen und Zeugnissen hören. Gibt es eine spezifisch christliche Liebe? Schauen wir gemeinsam auf die Heilige Schrift, in der heute Jesus und der Evangelist Johannes so deutlich von Liebe sprechen:
- Neun Mal kommt im heutigen Evangelium das Wort „Liebe“ vor (sei es als Hauptwort oder als Verb). Dabei in der Form von „Agape“ , die etwas anderes meint als „Eros“ oder „Freundschaft“ (Philia - ): Sie meint die tiefe Zuneigung und die damit verbundene Wohltat, die ich deswegen anderen erweise. Für Jesus ist das der Wunsch: Seine Jünger sollen Ihm da nachfolgen, sollen lieben, wie ER es getan hat. Seine Liebe ist der Maßstab, das ist Liebe im Sinne Jesu.
Wie sieht diese Liebe aus? In der Erfahrung einer Annahme meiner Person, die für viele Zeitgenossen Jesu völlig neu war; im Empfinden, dass „ich“ gemeint bin und nicht das, was ich tue. Und schließlich: Jesus gibt aus Liebe Sein Leben hin – Johannes nennt das in seinem Brief „die Sühne für unsere Sünden“. Damit wir also endlich lernen, dem Vater zu vertrauen, gerade auch in den dunklen Phasen unseres Lebens. Wer so liebt, der wird von Jesus „Freund“ genannt (vgl. Joh 15,15).
- Liebst du – in dieser Weise? Dafür braucht es Vorbilder. Dafür braucht es vergleichbare Erfahrungen wie die, die die Jünger Jesu gemacht haben. Sie waren drei Jahre in einer Jüngerschulung, um sich in diese Haltung einzuüben. Denn das ist es: Liebe als „Haltung“, viel mehr als ein Gefühl (das kann ich mir nämlich nicht vorschreiben lassen, auch nicht vom besten Freund!).
Natürlich und zuerst: die Familie, die Eltern – die Mütter! Wohl dem, der eine solche „Nesterfahrung“ machen durfte, das stärkt für ein ganzes Leben. Doch ist auch dies nur ein Beginn, um in die Haltung Jesu hineinzukommen. Es muss uns als Christen darum gehen, uns dabei zu helfen, zu ermutigen und auch zu ermahnen: dass es bei uns anders zugehen möge im Miteinander als in „der Welt“!
- „God bless you“ – und auch das gehört dazu: Wie sprechen wir mit jungen Menschen über Liebe, Sexualität und Partnerschaft Ich gebe zu: ich hatte da eine etwas „lockere“ Einstellung, manche sagten mir, ich sei „modern“ – was ich heute als unpassend empfinden würde.
Mir wurden vor fünf Jahren während meiner Auszeit die Augen für eine andere Wirklichkeit geöffnet: Die jungen Männer und Frauen, die ich in der Gemeinschaft Cenacolo kennenlernen durfte, hatten in all ihren unterschiedlichen Geschichten von Abhängigkeit und Sucht oft eines gemeinsam: auf dem Gebiet der Sexualität waren sie „verroht“, oder besser „tief verletzt“. Ich ging mit meiner lockeren Haltung „ist doch alles ok, Hauptsache du liebst“ da hinein – und wurde gerade von den jungen Menschen eines Besseren belehrt! Mutter Elvira, die Gründerin, bringt den jungen Männern bei (und das gleiche gilt für die Häuser der Mädchen und jungen Frauen): betet für eure zukünftige Frau, denn sie lebt schon! Ihr kennt sie noch nicht, aber nehmt sie heute schon ins Gebet. Wenn du bei der Arbeit – in Haus, Garten, Werkstatt – das Gefühl hast, dass du nicht mehr kannst, müde bist oder einfach keine Lust, dann denke daran: Als Ehemann, als Ehefrau, als Vater und Mutter wirst du noch ganz andere Opfer auf dich nehmen müssen. Übe es jetzt schon ein, dich zu schenken – aus Liebe dem Menschen gegenüber, mit dem du dein Leben teilen wirst.
Gott ist die Liebe. Ja. Aber die Liebe hat eine Farbe. Über sie sollten wir noch mehr miteinander ins Gespräch kommen. Dafür dienen die Kirche, die Liturgie und Gottesdienste und auch die Gemeinde. Dem haben sie zu dienen. Das entspricht dem Gebot, dem Wunsch Jesu – für all die, die Seine Freunde und Freundinnen sein wollen.
Amen.
Unser Herr Jesus Christus nennt uns Freunde. So dürfen wir zu Ihm kommen und Ihm unsere Bitten und Anliegen anvertrauen:
- Wir bitten Dich für Deine Kirche, weltweit und hier in unseren Gemeinden: Lass uns glaubwürdige Zeugen der Freundschaft sein, die Du jedem Menschen anbietest.
(Du göttlicher Freund – wir bitten Dich, erhöre uns) - Gib den Christen aller Konfessionen neu den Mut, über unsere Zuversicht und unseren Glauben an Dich gerade denen Zeugnis zu geben, die nach Sinn und Orientierung Ausschau halten.
- Am heutigen Muttertag bitten wir Dich für alle Mütter: Segne ihr Tun, lass sie immer wieder Dankbarkeit spüren und sei besonders den Müttern nahe, die sich um ihre Kinder sorgen.
- Wir bitten Dich für diejenigen, die eine Verantwortung in Politik und Wirtschaft übertragen bekommen haben. Hilf ihnen, in dieser Zeit der Pandemie Entscheidungen zu treffen, die dem Wohle aller dienen.
- Und wir bitten Dich für unsere Verstorbenen, für Eltern, Seelsorger und Priester, die uns den Glauben vorgelebt und uns Mut gemacht haben, Dir immer mehr zu vertrauen: Nimm Sie bei Dir auf.
Durch Dich erfahren wir, wer wir für den Vater sind, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und uns liebt in alle Ewigkeit.
Amen.
