Gleichnisse des Reiches Gottes


Die Texte am 16. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres A, die Lesungen (Weish 12, 13.16–19 und Röm 8, 26–27) und das Evangelium (Mt 13, 24–43), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
mit Gedanken zum Reich Gottes, seinem Wachstum und seinen Gefährdungen, werden wir in die Sommerferien verabschiedet. Für viele die erhoffte Auszeit. Abstand tut gut. Sicher auch im Blick auf Gemeinde und Kirche, gerade weil es uns doch um das Reich Gottes geht. Die Sorge darum ist unsere Daseinsberechtigung. Und der Streit darum, was dem Reich Gottes denn nun am besten nutzt, zehrt an unseren Kräften – an meinen zumindest ganz bestimmt!
Das Reich Gottes in Bildern, in Gleichnissen:
- Unkraut und Weizen. Gut und böse. Nützlich und schädlich. Da ist es doch klar, was zu tun ist! Ja und manchmal hat man den Eindruck, das wir hierzulande genau so vorgehen wollen: das Unkraut ausreißen. Und das Unkraut sind immer die anderen. „Nein!“, sagt Jesus, beides soll wachsen. Das scheint uns – wie den Knechten des Gutsherrn – nicht vernünftig. Aber schauen wir genau hin.
Was bei uns als „Unkraut“ übersetzt wird, ist im Ursprungstext der Taumel-Lolch. Er ist für ungeübte Augen dem Weizen ähnlich und der Verzehr seiner Samen kann zu Vergiftungen – taumeln – führen, ja bis hin zum Tod. Die Ähnlichkeit mit dem Weizen macht ihn so gefährlich. Es besteht die Gefahr der Verwechslung. Jesus beantwortet aber keine Fragen der Landwirtschaft, sondern Seine Antwort spiegelt Seine Haltung zu uns: ER ist barmherzig, ER lässt Zeit.
Mit diesen Fragen kann ich in die Ferien gehen: Wie betrachte ich selbst in unserem kirchlichen Streit die Menschen um mich herum, gerade die, die eine andere Meinung und Haltung vertreten als ich? Weizen – Unkraut: Kann ich das so klar unterscheiden? Ja darf ich selbst von mir behaupten, ich sei „guter Weizen“? Für mich ist es bemerkenswert, dass der Papst offensichtlich versucht, bei der kommenden Weltsynode in Rom unterschiedliche Gruppen und Sichtweisen zusammenzubringen. Das kann nur jemand zulassen, der ein großes Vertrauen in das Wirken des Geistes Gottes hat. Denn genau darum geht es: um Gottes Willen für uns, Seine Schöpfung und Seine Kirche. Und es geht auch darum, dass es Gut und Böse gibt. Das verharmlost Jesus keineswegs. Dafür hat Er das Böse zu brutal selbst erfahren. Aber Gott wirbt in Jesus um die Umkehr des Menschen, die Bekehrung seines Herzens. Es wird in Jesus sichtbar: „Gott gibt dem Bösen Zeit, aber nicht die Ewigkeit“ (Franz Kamphaus). Wozu ich eingeladen bin: In und durch mich etwas wachsen zu lassen, was „guter Weizen“ genannt werden kann. So möchte ich selbst auch die Ferien dafür nutzen, mich dem Blick Jesu auszusetzen, der mich immer zum Leben führen will.
- Senfkorn und Sauerteig: Aus Kleinem wird Großes und etwas Weniges kann die Qualität spürbar verbessern.
Auch von dieser Sichtweise Jesu auf unsere Welt können wir uns wieder neu beschenken und auch beruhigen lassen. Kirchenkrise, Kirchenaustritte, Glaubwürdigkeitsverlust – all das ist so und es wird nicht besser, indem ich es verharmlose oder dramatisiere!
Worauf legt Jesus Wert? Offensichtich auf das Vertrauen, dass das Reich Gottes, Seine Wirkmacht in der Welt, Seine verändernde Präsenz nicht aufgehalten werden kann. Und Er lädt mich ein, mit meiner kleinen Kraft meinen Beitrag zu leisten. Sagen wir nicht: „Was ist das, was ich geben kann, schon Wert? Das zählt doch nicht“! Doch! Jesus benutzt das Bild des winzig kleinen Senfkorns. Vertrauen wir auf die Kraft, die in uns liegt, wenn Gott handeln kann.
Und es ist der Sauerteig, die Hefe, die den Teig aufgehen lässt. Ganz wenig nur kann reichen. Ich habe es in diesen Tagen wieder erlebt und durfte mit anderen ein Glaubensfest feiern: Das Leben einer einfachen Ordensschwester, die vor 40 Jahren einfach damit begonnen hat, qualitativ anders mit jugendlichen Drogenabhängigen umzugehen, hat Unglaubliches bewirkt. Da ist eine riesige Menge Teig durchsäuert worden.
Nehmen wir das heutige Evangelium doch mit in die Ferien, um es in Ruhe zu betrachten – ins Reisegepäck passt es allemal.
Amen.
Gott, der uns in Jesus Christus ermutigt, dem Wachsen des Reiches Gottes Raum zu geben, bitten wir:
- Hilf Deiner Kirche und allen Getauften, Dein Reich nicht mit dem zu verwechseln, was wir selbst dafür halten und schenke uns so die Bereitschaft, uns immer wieder neu an Dir und Deinem Wort auszurichten.
(Christus höre uns – Christus erhöre uns) - Schenke gerade uns Christen in unserer Gesellschaft die Fähigkeit, Unterschiede auszuhalten und gleichzeitig darum zu wissen, dass es Gut und Böse gibt.
- Lass diejenigen, die in diesen Tagen die Schule verlassen, durch Ausbildung, Studium oder ein Freiwilliges Jahr ihre Begabungen und Talente entdecken und so ihren Platz in der Gesellschaft und der Kirche finden.
- Schenke allen, die in diesen Wochen Erholung und Entspannung suchen, neue Lebensfreude in der Begegnung mit der Natur, anderen Menschen und mit Dir.
- Erkenne in unseren Verstorbenen den guten Weizen wieder, der Frucht gebracht hat.
Allmächtiger Vater, Du bist der, der uns in die Gemeinschaft ruft, in der Du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und wirkst in alle Ewigkeit.
Amen.
