Geschwätz – oder: kann das wirklich wahr sein?


Die verschiedenen Texte der Osternacht des Lesejahres C finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
haben die Jünger nicht erst einmal verständlich auf den Bericht der Frauen reagiert? Sie hielten das, was sie sagten, schlicht und einfach für Geschwätz!
Damit lässt sich leicht eine Brücke zur Gegenwart bauen: Für die meisten unserer Zeitgenossen ist die biblische Botschaft von der Auferstehung eben auch „Geschwätz“ – sie drücken das dann oft etwas rücksichtsvoller – wertschätzend! – aus: Na, wenn du das glaubst, ist das für dich sicher eine Hilfe!
Die Botschaft, dass ein Toter wieder aufersteht, ist eine starke Behauptung. Das sprengt alles, was wir zu wissen meinen. Geschwätz!
Da gibt es darüber hinaus aber noch eine ganz andere Dimension, die das eben Gesagte bestätigt: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich da, wo ich mit Schimpf und Schande herausgeworfen wurde, wo man mich verjagte, heraus ekelte, freiwillig wieder zurückkehre? Wenn ich klar und deutlich gesagt bekomme: „Wir wollen dich hier nicht!“, komme ich dann trotzdem wieder?
Jesus soll auferstanden sein? ER sollte hierher wieder zurückkommen? Dorthin, wo man Ihn nicht nur weg, sondern in den Tod jagte? Geschwätz!
- Es geht um das Motiv Jesu. Die Behauptung, die die Apostel und die Kirche seit dem ersten Pfingstfest als Kernbotschaft verkünden: Gott liebt die Welt – und in ihr jeden Menschen. Dich und mich. Da können wir machen, was wir wollen, davon lässt ER sich nicht abbringen. Warum? Weil ER mir, den ER liebt, gelungenes Leben, Leben in Fülle wünscht. Und das ist ohne IHN nicht zu haben.
Unsere Erfahrungen von Freundschaft und Liebe sind oft anders. Wir wissen um ihre Stärken. Wir wissen aber auch um ihre Verletzungen und ihr Scheitern. Dass sie siegt – wir wünschen es uns vielleicht (noch)! Aber die Erfahrung sieht eben häufig anders aus. Deshalb: Geschwätz!
Wenn Gott sich – menschlich gesprochen – etwas in den Kopf gesetzt hat, dann lässt Er sich davon nicht abbringen. Auch nicht durch das Kreuz! „Das ist doch Geschwätz, das kann nicht sein. Die einzige Reaktion Gottes auf das Kreuz kann doch nur Zorn und Gericht sein!“
Aber nein. Das ist die Osterfreude, nicht zu fassen, nicht zu begreifen. Gott kommt in Jesus zurück. Aber nicht Auferweckung, wie bei Lazarus in dieses Leben hinein, sondern Auferstehung in eine neue Existenz. In eine Existenz, die sich in unserer Welt immer wieder neu in Erscheinung bringt. Lazarus – auferweckt – wurde gleich als der Lazarus wiedererkannt. Bei Jesus Christus – auferstanden – ist das anders. Befreit von allen Bindungen des körperlich-irdischen erscheint er als Unbekannter auf dem Weg nach Emmaus; als Fremder am Ufer des Sees von Galiläa; als vermeintlicher Gärtner am Ostermorgen. Und: Hier gleich wieder unter den Gestalten von Brot und Wein.
Aber auch in so vielfältigen Gestalten wie einer Ordensschwester in Kalkutta; einem Priester im Beichtstuhl von San Giovanni Rotondo; ER kann erscheinen in der Gestalt eines Franz von Assisi, der die Kirche reformierte; ebenso auch im geduldigen Ausharren einer Krankenschwester am Bett eines Schwerkranken; eines Lehrers, der seinen schwierigen Schüler nicht aufgibt; in der überarbeiteten Sekretärin, die für jeden noch ein freundliches Wort hat. Ja, die Liebe ist erfinderisch – und Gott ist ein Meister darin, zu überraschen und Seine Gegenwart zu zeigen. Immer so, dass dem Leben gedient wird, immer so, dass das Leben siegt. Und dabei tritt ER an jeden und jede von uns heran, fragt leise, bittend und werbend: Willst Du mir dabei helfen? Was für eine Würde: Ich darf mit Ihm und durch IHN Hand, Mund, Fuß und Ohr sein für den, der es braucht, dem ER sich nähern will. Das ist es, wozu ER Seine Jünger am Ostertag sendete und heute wieder sendet. Seine Sendung geht weiter, immer wieder und immer weiter. Nun gemeinsam mit uns. Gemeinsam mit mir.
Christus ist auferstanden. Sein scheinbares Ende am Kreuz war ein Anfang – der Anfang vom Ende des Hasses. Die Liebe siegt, weil sie nicht mehr getötet werden kann. Was für eine Botschaft!
Haltet es nur für Geschwätz. Ich allerdings weiß, ich weiß, dass mein Erlöser lebt!
Halleluja.
Unseren Herrn Jesus Christus, den der Vater von den Toten auferweckt hat und uns alle mit neuem Leben beschenken will, bitten wir:
- Wir bitten Dich für Deine Kirche weltweit und hier bei uns: Dass wir aus der Feier dieser Nacht die Kraft und die Freude für ein Leben in der Nachfolge und im Liebesdienst am Nächsten schöpfen.
(Christus, Du Lebendiger – wir bitten Dich, erhöre uns) - Diese Nacht ist eine Nacht der Befreiung. So bitten wir für alle, die gefangen sind: In Abhängigkeit und Sucht; in ihrer Schuldgeschichte; in der Not finanzieller Abhängigkeiten; in der sinnlosen Routine ihres Lebens.
- Wir bitten in diesen Tagen besonders um den Frieden: in der Ukraine, dem Heiligen Land, in Somalia und Nigeria; wir bitten für alle, die sich für Verständigung und Versöhnung einsetzen; für alle, die den Flüchtlingen nahe sind; für alle an Körper und Seele Verletzten und für die, die einen nahen Menschen durch einen Krieg verloren haben.
- Wir bitten Dich um eine Erneuerung unseres Glaubens und den Mut, Deinen Verheißungen mehr zu trauen als unseren Enttäuschungen und Ängsten.
- Wir bitten Dich auch für unsere Verstorbenen: Lass sie das neue Leben in Deiner Gemeinschaft erfahren.
Allmächtiger Vater, in Deinem Sohn hast Du uns alles geschenkt. Dir sei Dank, der Du mit ihm und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.
