„Für wen haltet ihr mich?“ – oder: Darf Christus durch mich wirken?
Die Texte am 24. Sonntag im Jahreskreis des Lesejahres B, die Lesungen (Jes 50, 5–9a und Jak 2, 14–18) und das Evangelium (Mk 8, 27–35), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
kommen wir gleich zur Sache: Für wen halten Sie Jesus Christus? Wer ist Er für jeden von uns? Diese Frage stellt uns Jesus selbst, wir hörten sie gerade im Evangelium. Wer das Evangelium nur für eine Sammlung von Geschichten hält, könnte distanziert danach schauen, wer damals wie geantwortet hat und welche Folgen das hatte. Das Evangelium ist aber lebendiges Wort Gottes und so stellt Jesus diese Frage, ausgesprochen bei Cäsarea Philippi, durch die Zeit hindurch frisch und jetzt mir, uns, jedem.
„Für wen haltet ihr mich?“. Eine akademische Frage? Gottes Sohn, ein Prophet, ein Messias oder „der“ Messias, ein besonderer Mensch, ein Vorbild, ein religiöser Führer, ein Religionsstifter … endlose Gespräche, Diskussionen und Meinungen. Sie führen zu nichts, weil es um nichts geht, außer darum, je nach Standpunkt recht zu behalten.
Aber müssen wir uns nicht auch vernünftig darüber austauschen, wer Christus ist, gerade auch deswegen, um im Gespräch mit der Gesellschaft, der Welt zu bleiben? So wichtig das ist, so führt es doch nur selten zu dem, wozu Jesus Seine Jünger – und alle, die Ihm zuhören – letztlich einladen will: Ihm nachzufolgen, Ihm zu vertrauen, Seiner Botschaft durch unser Leben Raum zu geben.
Im Laufe meines Priesterlebens habe ich schon unzählige Diskussionen und Gespräche über diese Thematik geführt: Interessant, nervig, anregend, herausfordernd – aber letztlich im Sinne des Missionsgedankens meistens fruchtlos. Am Ende bleibt der Eindruck, dass nur das eigene Ego befriedigt wird: Es scheint nicht ganz unvernünftig, ein gläubiger Mensch zu sein.
Aber es geht um mehr und um anderes: Petrus wird die entscheidende Antwort auf die Frage Jesu geben: „Du bist Chrstus“. Und später gibt er in seinem Brief einen wichtigen Hinweis, wie das gemeint ist: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15).
„Für wen haltet ihr mich?“ – „Für den, der mir Hoffnung schenkt!“ Jetzt wird’s persönlich. Natürlich, was denn sonst?! Jesus stellt eine persönliche Frage und die kann ich nur persönlich beantworten. Und wenn meine Antwort darin besteht, dass der Gottessohn mir Hoffnung schenkt, dann ändert sich alles!
Dann geht es nicht mehr darum, was ich, was wir über Gott „wissen“. Dann geht es darum – und das ist sichtbar! – was Christus durch uns und in uns tun kann und darf!
Jesus, du bist der Gottessohn, der Christus – ich vertraue dir, du darfst dein Wort in mir und durch mich zur Tat werden lassen! Ich stelle mich dir zu Verfügung, ich werde zu einer Person, durch die Gott selbst „hindurchspricht“, Seine Hand ausstreckt und erfahrbar wird!
Was heißt das? Damit steht und fällt alles, was Kirche ist und was sie sein will: Ort, an dem Gott selbst erfahrbar wird – so, wie Er damals in Galiläa für Seine Zeitgenossen erfahrbar war, sichtbar, hörbar, berührbar.
Du bist der Messias: Dein Wort der Feindesliebe wird durch mich erfahrbare Realität, ich spreche und denke anders, als wir es zurzeit überall vernehmen. Dein Wort der Vergebung macht um mich herum ein Aufatmen möglich, denn Schuld und Versagen bleiben nicht das Letzte, sondern weichen etwas Neuem, das von dir kommt. Dein Wort der Sorglosigkeit lässt die Wellen der Ängste und Befürchtungen langsam ihre Macht verlieren und versanden. Dein Ruf in die Nachfolge schenkt durch mich, durch uns sichtbar Freiheit und Lebensfreude, die andere überrascht, verwundert, anzieht. Deine Vorliebe für die Armen, Sünder und Gescheiterten schenkt durch mich, durch uns denen eine neue Freude am Leben, die sie längst verloren hatten und der Gesellschaft ein Beispiel, wie es auch anders gehen kann. Dein Wort, dass wir einander lieben sollen, wie du es getan hast und tust, macht heute ein neues, ganz anderes Miteinander möglich. Denn: Wo die Liebe der Weg ist, wird alles anders. Alles.
Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Erlaubst du es mir, durch dich und in dir zu leben, zu wirken, zu handeln?
Amen.
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns Leben und Heil schenken möchte, bitten wir:
- Für Deine Kirche: Erneuere sie in dieser Zeit der Krise und des Vertrauensverlustes, so dass sie gestärkt und gereinigt Deinen Auftrag in dieser Welt erfüllen kann.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Wir bitten Dich für uns und alle Getauften: Lass uns Dir durch unser Denken, Reden und Tun Raum geben und so Zeugen dafür sein, dass Du auch heute mitten unter uns lebst und wirkst.
- Für die Menschen, die schwer tragen an der Last ihres Lebens: In Ehe und Partnerschaft, in der Arbeitswelt, im menschlichen Miteinander. Zeige ihnen den Weg, den Du mit ihnen gehen willst.
- Wir bitten Dich für die, die in ihrer täglichen Arbeit dafür sorgen, dass es Menschen besser geht: In Medizin und Pflege, in Bildung und Erziehung, in Politik und Wirtschaft.
- Wir bitten Dich auch für die, die uns verlassen und durch das Tor des Lebens gegangen sind: (Wir bitten für … ) Lass sie erfahren, was Du uns allen versprochen hast.
Durch Dich danken wir dem Vater, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebt und uns liebt in alle Ewigkeit,
Amen.