Kategorien &
Plattformen

Einander ein Segen sein

Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore an Silvester 2021 (Lesejahr C)
Einander ein Segen sein
Einander ein Segen sein
Abstand halten macht alleine auch nicht selig. © batian lu auf pixabay.com

Die Texte für Silvester wie der Lesungen (1 Joh 2, 18-21) und des Evangeliums (Joh 1, 1-18) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron.

Die Predigt zum Neuen Jahr finden Sie pünktlich zum Jahreswechsel dann ebenfalls hier auf der Homepage – und live in den Messen am 01. und 02. Januar 2022 mit Pfr. Nandkisore.

Liebe Schwestern und Brüder,

„der Herr segne dich und behüte dich“ – dieser Segensspruch aus dem Buch Numeri, dem 4. Buch Mose, gehört zu den ältesten Segensformularen, die wir in der jüdisch-christlichen Tradition kennen. Ein Segen, das meint eine heilvolle Kraft verleihen oder wünschen. Es ist Gott, der das am Anfang tut, indem ER die Menschen und die ganze Schöpfung segnet. Menschen wiederum sprechen einander einen Segen zu und wünschen dem anderen so diese Kraft, die letztlich von Gott kommt. Hat das heute noch Bedeutung, ist das noch „zeitgemäß“ in dem Sinne, dass es uns etwas bedeuten kann?

- In dieser Zeit der Pandemie können wir immer wieder hören, dass wir einander schützen müssen, um das Virus nicht weiterzugeben. Menschen haben große Angst davor, anderen sozusagen „den Tod zu bringen“. So schützen sie sich und die anderen mit Masken, Abstand, Kontaktreduzierungen. Man möchte dem anderen nicht schaden, nicht verantwortungslos erscheinen. Das ist erst einmal eine gute Haltung – ich frage mich: warum nur im Blick auf die Pandemie?

Ist uns nicht (mehr) klar, dass wir uns einander ständig „Leben“ oder „Tod“ bringen? „Der nimmt mir die Luft zum Atmen!“, sagt jemand über einen anderen; „mir tut ihre Gegenwart nicht gut!“, sagt eine Frau über die Mutter oder die Schwiegermutter; „ich kann morgens ohne Magenschmerzen nicht ins Geschäft gehen, wenn ich weiß, dass mein Chef anwesend ist“ …

Wir können diese Liste sicher noch um einiges verlängern. Deutlich wird: Wir müssen einen anderen Menschen nicht erst einen Virus weitergeben, um sein Leben zu beeinträchtigen oder zu gefährden. Das geht schon durch unsere pure Präsenz! Ob bewusst oder unbewusst: Menschen führen sich in meiner Gegenwart wohl oder unwohl; manchmal meiden sie mich, um unbeschwerter leben zu können. Es gibt „toxische“ Beziehungen im Privaten oder Beruflichen – sie haben Auswirkungen bis hin zur körperlich-gesundheitlicher Verfassung: Bluthochdruck, Schlaflosigkeit, Angstattacken. Das mindert Leben. Sehr konkret.

- Einander ein Segen sein: Unser menschliches Miteinander ändert oder verbessert sich nicht automatisch. Es wird dann anders, wenn wir uns darum bemühen. Für mich als Christ heißt das, dass ich mich „dem Wort, das Fleisch geworden ist“ mehr zur Verfügung stellen möchte, dass also Weihnachten Konsequenzen haben möge. So, dass die Welt sich verändert – die Welt um mich, um uns herum. Die Welt, so, wie Gott sie sieht und sehen möchte. „Mach’s wie Gott, werde Mensch“ – dieser Satz von Bischof Franz Kamphaus begleitet mich seit vielen Jahren.

„Der Herr segne dich und behüte dich“ – es wird in diesen Monaten viel vom Priestertum in unserer Kirche gesprochen und wer Priester sein darf oder soll. Richten wir unseren Blick doch einmal auf das Wesentliche unseres Miteinanders: Einander Segen sein – und nicht Fluch! Jeder und jede ist durch die Taufe zu diesem priesterlichen Dienst berufen, zu segnen und einander das Heil Gottes zuzusprechen. Tun wir es doch auch!

Ich merke allerdings selbst, dass das immer wieder nicht leicht ist: Da liegen Menschen mir einfach „quer“, da meide ich sie und begegne ihnen mit innerer Aversion. „Der Herr segne dich und behüte dich“ – es macht einen Unterschied, ob ich vor einer Begegnung den anderen vorher so innerlich segne. Denn: Es ist immer Gott, dessen Kraft durch den Segen wirkt. Ich rufe also Seine Kraft und Hilfe an; ich erkenne an, dass ich hilflos und machtlos bin, um hier Heilbringens zu wirken. Es ist nicht schlimm, hilflos zu sein. Ich kann aber darin schuldig werden, mir keine Hilfe zu holen! Erkennen wir endlich an, dass wir nur durch die Verbindung des Gebetes die Welt in Gottes Sinne verändern können.

- Die Pandemie hat vielen von uns einen neuen Blick für die gegenseitige Verantwortung geschenkt. Machen wir daraus im neuen Jahr einen wirklichen Segen. Dann können wir später sagen, dass die Pandemie unser Miteinander dauerhaft verändert, ja verbessert hat.

Dem anderen ein Segen zu sein: Durch ein ausdrückliches Segenswort – „Gott segne dich!“; durch ein stilles Gebet. Durch eine Rückfrage oder eine neue Aufmerksamkeit dafür, was meine Gegenwart, mein Handeln oder Sprechen in einem anderen bewirkt. Es kann auch ein Segen sein, dass einem anderen zu sagen: „Du, hör mal, dieses und jenes tut dem anderen nicht gut!“

Es gibt viele sinnvolle und noch mehr sinnfreie Vorsätze für ein neues Jahr. Der Vorsatz, einander zum Segen zu sein, macht aus dem neuen Jahr auf jeden Fall ein „Anno Domini“, ein Jahr des Herrn.

Amen.

Dr. Robert Nandkisore
Leiter des Pastoralteams, Vertretung der Pfarrei nach außen und Ansprechpartner für Tauf- und Eheseminare und Kirchenentwicklung
Kirchgasse 165343Eltville
Tel.:06123-703770

Cookie Einstellungen

Statistik-Cookies dienen der Anaylse, indem Informationen anonymisiert gesammelt werden.

Anbieter:

Bistum Limburg

Datenschutz