Ein neues Gebot – oder: Ostern macht alles neu


- Ein neues Gebot – oder: Ostern macht alles neu
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 5. Sonntag der Osterzeit über das neue Gebot der Liebe zum Download.
Die Texte des 5. Sonntags der Osterzeit des Lesejahres C der Lesungen (Apg 14, 21b–27 und Offb 21, 1–5a) und das Evangelium (Joh 13, 31–33a.34–35) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
es geht um etwas Neues! So können wir das Gemeinsame der drei Lesungen des heutigen Sonntags auf den Punkt bringen. Na endlich wird auch das einmal in den Blick genommen. An Ostern geht es doch um Leben aus dem Tod, um Neues aus dem Alten.
- Ein neues Gebot gibt Jesus den Jüngern in den Abschiedsreden. Darauf kommt es Ihm an, das zumindest soll als dauerndes Erkennungszeichen Seiner Gegenwart bleiben: Dass die Jünger einander lieben. Lieben – dieses Wort ist so zentral in unserem Sprechen und Denken, und gleichzeitig ist es in Gefahr, banalisiert zu werden. Das Wort, das hier im Neuen Testament für „Liebe“ steht, heißt (Agape). Es meint nicht die eheliche-partnerschaftliche Liebe, nicht den Eros, nicht die exklusive und besondere Freundschaft (und damit all das, was in der populären Sprache und Musik als Liebe bezeichnet wird), es meint nicht ein besonderes Gefühl, das mich die Welt rosarot sehen lässt. Agape meint eine Entscheidung des Willens, sich über das Wohlwollen Gottes mir gegenüber zu freuen, daraus zu leben; die Haltung, aus dieser Freude dem anderen, dem Mitmenschen, zu begegnen – wer auch immer das ist. Es ist die tiefe und andauernde Freude, die sich aus meinem alltäglichen Umgang mit Gott speist. Diese Liebe gibt dem anderen – wer auch immer das ist – nicht das, was er möchte oder fordert, sondern das, was er braucht! Das kann sich durchaus auch einmal widersprechen! Das neue Gebot Jesu ist die Einladung, aus dem Wissen um mein Angenommensein durch Gott das Leben zu gestalten – und mein Leben hat immer auch mit meinem Umgang mit anderen Menschen zu tun. Ich spiegele ihnen das, was ich durch Gott erfahre – und umgekehrt.
Schauen wir auf uns, auf unsere Gemeinden, auf die Kirche in unserem Land: Da ist im Blick auf die Agape sicher noch viel Luft nach oben. Wie sehr kann es gerade heute, wo Menschen sich so verängstigt und verloren vorfinden, einen Unterschied markieren. Wir machen uns oft unnötige Gedanken, wie Kirche und Gemeinde bei uns überleben – beginnen wir doch einfach neu, aus der Freude des Glaubens neu zu leben!
- Einen neuen Weg gehen: Davon berichtet die Apostelgeschichte. Das ursprüngliche Anliegen der ersten Jünger, bei der eigenen Volksgruppe der Juden für Christus zu werben, gelang nur mäßig. Völlig ungeplant aber öffneten sich Türen in die Herzen der Heiden, der umgebenden Völker. Ein neues Denken war da nötig. Ein Überspringen eigener Grenzen. Das Wachsen im Glauben und die Erkenntnis, dass das Bewahren der Tradition und das Beschreiten neuer Wege sich nicht gegenseitig ausschließen müssen. Gott bedient sich dabei auch Menschen, die erst einmal wenig Vertrauen erweckend wirken: Ein fantischer Christenverfolger Saulus wird genau zu der Schlüsselperson, die neue Wege gehen lehrt. Dabei muss klar sein: Es geht um den Glauben (vgl. Apg 14,22) – das Vertrauen darauf, dass ich durch das Leben, Leiden und Sterben Jesu zu einem neuen Leben befreit bin, das mich von der Sorge um mich befreit – denn ER wurde aus dem Tod ins Leben geholt. Und ER möchte mich in diese Bewegung hineinholen.
Immer wieder spricht die Apostelgeschichte davon, wie die ersten Gemeinden auf das Wort Gottes hören, darum ringen, was es in der aktuellen Situation zu sagen hat. Das ist Richtschnur und Maßstab auch für heute: Für den einzelnen Christen genauso wie für die Gemeinden und die ganze Kirche. Die Spannung, zwischen dem Zeitgeist zu stehen und der Tradition verpflichtet zu sein – mit Gottes Geist werden da immer wieder neue Wege gefunden werden.
- Von einem „neuen Himmel und einer neuen Erde“ ist im letzen Buch der Bibel die Rede, in der Offenbarung des Johannes. Gerade heute, wo wir spüren und sehen, wie sehr die Erde bedroht ist und der Mensch sich schutzlos fühlt, gehört diese Aussage der Heiligen Schrift für mich zu den Ankern meines Lebens. Was auch immer kommt: ER wird das Neue heraufführen. Auch für mich. Ja, das Leben ist immer auch bedroht, gefahrvoll, voller Überraschungen – aber immer fällt es in Seine Hand zurück. Immer. Weil Er der ist, der mich, uns liebt. Und uns einlädt, davon unser Leben bestimmen zu lassen.
Amen.
Der Glaube an Jesus Christus eröffnet Zukunft. Ihn, der uns mit Leben beschenken will, bitten wir:
- Lass uns als Christen den Menschen unserer Tage die Osterbotschaft so bezeugen, dass sie darin neue Lebenskraft und Lebensfreude finden.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Wir bitten für die Menschen, die nach Leben dürsten und nach jemandem Ausschau halten, der ihnen von Gott und seiner Liebe kündet.
- Wir bitten für die Kirche in unserem Land und weltweit, dass sie im Vertrauen auf Deinen Geist immer neu lernt, Wege zu den Menschen zu finden und ihnen Dich so nahe zu bringen.
- Wir bitten für Johanna Hollinghaus, die heute von Dir mit der Gabe des Heiligen Geistes beschenkt wurde: Lass sie spüren und erfahren, welche Freude der Glaube schenkt und schenke ihr den Mut, daraus zu leben.
- Wir hören nicht auf zu hoffen und um den Frieden in der Ukraine zu bitten: Dafür, dass alle Verantwortlichen ihre Kräfte und Möglichkeiten für einen Waffenstillstand einsetzen und dafür, dass auch wir das Leid der vielen Flüchtlinge lindern können.
- Wir bitten Dich für unsere Verstorbenen: Lass sie bei Dir die Vollendung finden, die wir alle erhoffen.
Allmächtiger Gott, in Deinem Sohn finden wir das Ziel unseres Lebens. Dir sei Dank, der du mit Ihm und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.
