Ein kleines Gebet zu Karfreitag 2025


Die Texte am Karfreitag des Lesejahres C, die Lesung (Jes 52,13 – 53,12 und Hebr 4,14–16; 5,7–9) und die Passion (Joh 18,1 – 19,42) wie auch die großen Fürbitten, finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.
Es ist vollbracht!
Die letzten Worte Jesu am Kreuz
„Es ist vollbracht“, waren Deine letzten Worte. Dass Du sie vor Schmerz geschrien hast oder geröchelt, weil Du keine Luft mehr hattest – ich kann es mir vorstellen. Was mich immer wieder erschüttert: Du hast es gewusst und bist den Weg, deinen Weg, trotzdem weitergegangen. Bis zu diesem Punkt. Bis zu diesem Kreuzungspunkt!
Warum? Nur aus zwei Worten besteht Deine Antwort. Aus Liebe!
Ja, aus Liebe sind wir Menschen zu vielem fähig: wir können über uns hinauswachsen, können Krisen und Schwierigkeiten überwinden; wir nehmen für sie auch Nachteile in Kauf, Schmerzen, Ablehnung, Unverständnis, selbst Spott und Isolation. Wie aber hast Du es ausgehalten, dass die, denen Du die Liebe Gottes zeigen wolltest, sich von Dir und Deiner Liebe abwandten, sich von Dir abwenden? Zum Schluss warst Du fast ganz allen: Deine Mutter, zwei andere Frauen und Johannes waren da …
Ist Deine Mission gescheitert? Du bist gekommen, um unsere Sünden zu tragen, unsere Ablehnung gegenüber dem Vater, dessen Liebe und Fürsorge wir immer wieder anzweifeln. Und ich frage Dich: Konnten in den Stunden unter dem Kreuz Deine Mutter und Johannes wirklich an die Liebe des Vaters glauben, als sie Dich so leiden sahen? Sie konnten nichts, wirklich nichts für Dich tun! Wie vielen Menschen geht es bis heute ähnlich? Es ist nicht so, dass wir nicht an die Liebe glauben wollen – es ist eher so, dass sie uns an den scharfen Kanten unseres Lebens zerbricht.
Du bist gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen. Und diese Wahrheit ist die unbedingte Liebe des Vaters zu uns. Diese Sendung zieht sich wie ein roter Faden durch alles, was Du getan und gesagt hast. Und du warst bereit, dafür einen Preis zu zahlen. Und dieser Preis steht hier unübersehbar vor uns! Du hast es getan, weil du wusstest, dass Deine Liebe erst weit über Dein irdisches Leben hinaus Frucht tragen wird. Dieses Wissen haben wir meist nicht – und deshalb fürchten wir uns so. Deshalb wagen wir es nicht, auf die Liebe zu setzen!
Aber was sage ich da: Du warst nicht nur dazu bereit, du bist es bis heute. Unaufhörlich kommst Du in sich wandelnden Gestalten auf uns, auf jeden von uns zu und weist auf den Vater hin – der in aller Geduld wartet. Und Du bittest zaghaft und doch auch eindringlich Deine Freunde, sich darauf einzulassen, diesen Weg mitzugehen, mit Dir für diese Liebe des Vaters zu werben. Du machst uns nichts vor – Du verbirgst Dein Kreuz niemals vor uns, aber Du versprichst uns, dass Deine Kraft in uns wirksam wird, wenn wir uns darauf einlassen. Das wird uns von vielen erzählt, die es wagten. Und jetzt wartest Du darauf, dass auch ich den Sprung wage!
Das Kreuz: für uns ist es das Zeichen der Ohnmacht, der Wehrlosigkeit, ja des Scheiterns und Kapitulierens. Wenn das der Preis der Liebe ist – so denken wir – dann schrecken wir davor zurück.
Heute, an Karfreitag, lädst du uns einfach ein, am Fuß des Kreuzes auszuhalten: den Schmerz und die Enttäuschung. Und auch morgen müssen wir bestehen, es irgendwie aushalten, dass da scheinbar nichts mehr ist. Denn erst am dritten Tag, so hast Du es gesagt, wird etwas geschehen. Etwas Neues, Unerhörtes.
Heute mag ich noch nicht so recht daran glauben, dass dieses Kreuz unsere Rettung ist: denn es zwingt uns dazu, unsere Hände und Arme ganz zu öffnen, um endlich dem Vater die Möglichkeit zu geben, an uns und der Welt zu handeln.
Denn: Du bist gekommen, um die Sünde zu tragen, unsere vergeblichen Versuche, unser Leben selbst in die Hände zu nehmen. Dabei war es doch von Anfang an so gedacht, dass wir es empfangen, immer wieder: das Leben.
Es ist vollbracht – rufst Du heute. Es ist vollbracht: der Beweis, dass Du uns liebst, ja mehr noch: leiden kannst.
Amen.
