Davon, am Ende singen zu können


- Davon, am Ende singen zu können
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am vierten Adventssonntag 2021 über das Magnifikat zum Download.
Die Texte zum 4. Adventssonntag wie der Lesungen (Mi 5, 1–4a und Hebr 10, 5–10) und des Evangeliums (Lk 1, 39–45) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
der Besuch Marias bei Elisabeth. Wenn ich versuche, in diese Geschichte „hineinzutauchen, mir also so bildhaft wie möglich vorzustellen, was da geschehen ist, dann entdecke ich, wie nahe mir diese Erzählung rückt: Maria, dem jungen Mädchen, das wir uns nicht älter als 14 Jahre denken dürfen, widerfährt etwas Ungeheures. Die „Botschaft des Engels“ wird es überschrieben. Sie antwortet darauf zwar mit „mir geschehe, wie du es gesagt hast“, aber dann läuft sie auf und davon. „Übers Gebirg‘ Maria geht“ singt ein altes Adventslied. Auch das ist ungeheuerlich: Ein junges Mädchen, allein, läuft querfeldein!
Ich sehe dort eine Maria, die durcheinander ist; eine Maria, die Erklärungen braucht, Antworten; eine Maria, die Ruhe und Abstand sucht – und die sicher auch Angst hat vor dem, was ihr da bevorsteht, denn: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ – wie also soll sie erklären, was für ihre Umwelt nur auf eine Weise zu erklären wäre?
Damit kommt mir Maria nahe: Wenn es darum geht, unsicher zu sein. Ja, auch in der Angst. Nicht nur vor einem neuen Weg, sondern davor, dass dieser Weg vielleicht falsch sein könnte. Ich liebe nicht das Risiko, sondern schätze auch eine Beständigkeit, die Sicherheit vermittelt. Maria wird von einem Moment auf den anderen da herausgerissen – ihre Bereitschaft, ein einziger Satz: War der zu schnell gesprochen?
Mir da Rat zu holen. Wo gehe ich hin? Wer versteht mich, mein Anliegen, meine Ängste? Elisabeth wurde im vorgerückten Alter und unerwartet schwanger. Da geht Maria hin. Eine solche Frau wird sie verstehen können – eine Frau, in deren Leben bisher eben auch nicht alles „rund“ lief.
Was Maria erfährt ist etwas Wunderbares: Sie bekommt etwas zugesagt, was sie so sicher nicht erwartet hätte. Durch die Begegnung mit Elisabeth bekommt sie ihren Blick geweitet und kann (das fehlt leider im heutigen Abschnitt des Evangeliums) singen! Das Magnifikat. Das gehört unbedingt zu dieser Erzählung. Aus der Unsicherheit, der Angst, der Enge – wird die Weite eines Lobgesangs: Gott sei Dank!
In der 1. Lesung aus dem Buch Genesis hörten wir von einer uralten Verheißung, dass da irgendwann einer kommen werde. Dieses Verspechen wird konkret: In einem konkreten Moment, konkreten Umständen – im Leben, so, wie es ist. Das geschieht auch in unserem Leben. Wer kennt sie nicht: Die Fügungen und Wendungen; ja auch die Schicksalsschläge, die Wunden reißen; die Krisen, die wir uns nicht wünschen. Gott ist treu? Diese Frage höre ich oft.
Für mich ist das meist gar nicht so leicht zu entdecken, vielleicht gar nicht. Da braucht es einen anderen Blick – wie Maria das bei Elisabeth erfahren hat.
Das eben erwähnte Adventslied singt in der 2. Strophe:
Was bleiben wir immer daheim?
Lasst uns auch auf’s Gebirge gehen,
Da eins dem andern spreche zu,
Des Geistes Gruß das Herz auftu,
Davon es freudig wird und spring,
Der Mund im wahren Glauben sing.
Das ist es, was jetzt im Advent noch geschehen kann – eine wirkliche Vorbereitung auf Weihnachten: Dass ich einmal anschaue, was mich rennen, laufen, wegrennen lässt; was mich zweifeln und fragen lässt. Wen kann ich fragen, mit wem sprechen? Ein ruhiges Gespräch, eine wirkliche Begegnung. Dabei als Christ zu wissen: Da sagt mir Gott selbst etwas durch den Mund eines anderen. Da wird Seine Treue, die ER mir versprochen hat, ganz konkret erfahrbar. Wenn ich Ihm denn die Chance dazu gebe. „Was bleiben wir immer daheim?“ – da muss ich eben auch einmal wie Maria das Gewohnte verlassen, suchen, fragen. Ja warum nicht auch ausdrücklich durch eine Beichte: Indem ein anderer das wärmende Rotlicht Gottes auf mich richtet. Damit Kaltes, Ängstliches, Vereistes auftauen kann, indem mir etwas gesagt wird, das mich bald singen lässt: „Ich steh‘ an deiner Krippen hier“ – um zu danken!
Das wäre wirklich Weihnachten.
Amen.
Barmherziger Gott, Maria war bereit, Deinen Sohn zu empfangen, damit Er Seinen Weg bei uns beginnen konnte: Wir bitten Dich:
- Lass in diesen Tagen der Vorbereitung auf das Fest die Bereitschaft in uns wachsen, Dir unser Leben zur Verfügung zu stellen: Dass Christus auch durch uns zur Welt kommen kann.
(Gott, unser Vater - Wir bitten dich, erhöre uns) - Lass die, die in diesen Tagen von Angst und Unsicherheit geplagt werden, bei Dir Ruhe finden; hilf denen, die die Sorge um ihre Angehörigen und Freunde umtreibt, und wandle ihre Sorge in Vertrauen
- Sei denen nahe, die in diesen Tagen unter Einsamkeit, Krankheit und Not leiden und öffne uns den Blick dafür, wie wir ihnen helfen können.
- Wir freuen uns mit Kirsten Elisabeth Scriba über das Geschenk der Taufe und der Firmung. Lass sie und uns alle im Vertrauen wachsen, dass Du unser Leben führst und begleitest.
- Rufe unsere Verstorbenen in Dein Reich und lass so Deine Verheißung an ihnen in Erfüllung gehen.
Dir sei Dank, der Du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.
