Darstellung des Herrn – oder: Was bleibt von Weihnachten?
Die Texte an Darstellung des Herrn des Lesejahres C, die Lesung (Mal 3, 1–4 und Hebr 2, 11–12.13c–18) und das Evangelium (Lk 2, 22–40), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron und beim Evangelium in leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
was ist eigentlich von Weihnachten geblieben? Wir feiern „Darstellung des Herrn“ und die ältere Generation erinnert sich, dass damit das Ende der Weihnachtszeit erreicht war – und Nadelbäume in Zimmern und Kirchen längst keine Nadeln mehr hatten. Das Fest lässt uns noch einmal darauf schauen: auf Weihnachten und seine Botschaft.
- Da heißt es im Tagesgebet der heutigen Messe: „Allmächtiger Gott, dein Sohn hat unsere menschliche Natur angenommen“. Gott selbst ist einer von uns geworden! Erfassen wir, was das heißt? Gott selbst: Haben wir noch ein Gespür für dieses Wort, für Seine Gegenwart? Das Wort „Ehrfrucht“ kommt mir hier in den Sinn. Es drückt genau das aus: Der, der mir nahe kommen will, der mich zum Vertrauen einlädt – ist Gott! Wenn ich diesem Gedanken wirklich in Ruhe einmal Raum gebe, dann ist das unglaublich!
Gott als Mensch, einer von uns, so wie ich: Das lässt mich nicht nur nach „oben“ schauen, in den „Himmel“, sondern genauso hierher, nach „unten“, auf die Erde, auf das „Fleisch“, wie der Evangelist Johannes das ausdrückte. Ich ehre Gott – hier in der Liturgie – mit dem Blick nach oben; ich ehre Ihn aber auch genauso mit dem Blick der helfenden Hand gegenüber allem, was Geschöpf ist, vor allem gegenüber dem Menschen.
- Ziehen wir diese Linie weiter: Im Tagesgebet heißt es auch: „Läutere unser Leben und Denken“. „Läutern“, da klingt die 1. Lesung aus dem Buch Maleachi an: Durch die Ankunft des Boten Gottes werden die Menschen gereinigt und geläutert, so wie Feuer und Lauge reinigen und läutern. Es gibt durch Gottes Erscheinen bei und unter uns neue und gültige Maßstäbe, die in der Botschaft Jesu deutlich werden. Diese Maßstäbe betreffen unser Miteinander, unsere Mitsorge und Mitgefühl, sie betreffen den Mitmenschen. Da ist Ehrfurcht mehr als gerechtfertigt: Unser Handeln, Reden und Denken wird sich ausweisen müssen, es wird geläutert, gereinigt werden. Gerade in dieser hitzigen Zeit des Wahlkampfes können, ja müssen Christen eine wohltuende Stimme der Deeskalation sein. Bei allen Meinungsverschiedenheiten und Gründen, die zu dieser oder jener Einstellung führen: Für einen Christen, der Weihnachten gefeiert hat und aus diesem Geheimnis lebt, muss die allererste Norm das Evangelium sein. Mich einzudenken, einzuhören und einzufühlen in die Haltung des Gottessohnes, der Mensch geworden ist, um uns zum wahren Menschsein zu befreien. Das geht nur, wenn ich mich immer wieder dem Evangelium aussetze und dann mit der Bitte um den Heiligen Geist eine Antwort auf eine Frage finde, die heute gegeben werden muss. Dabei sind unterschiedliche Antworten denkbar, auch unter Christen. Die Haltung des Respekts und der Wertschätzung wird dabei den Unterschied machen. Gerade jetzt!
- Im Evangelium hörten wir, wie Simeon über das Kind sagt: „Das Licht zur Erleuchtung der Heiden“. Da gehen Worte aus dem 1. und 2. Gottesknechtslied des Jesaja in Erfüllung. Das tun sie – heute, jetzt, wenn wir uns dafür zur Verfügung stellen.
Vor genau 80 Jahren, am 2.2.1945, ist in Plötzensee der Jesuit Alfred Delp hingerichtet worden. In einer Predigt zu genau diesem Vers am Festtag sagte er – und damit möchte ich meine Predigt schließen:
Ein Licht stellt man nicht unter den Scheffel, sagt Christus. Lasst euer Licht leuchten. Dass Christsein wesentlich eine Berufung ist zum Bekenntnis, hinaus in den öffentlichen Raum, auf die Straße, auf den Markt, in den Beruf, in den Verkehr, in die Geselligkeit. Das Gesetz unseres Lichtes, das wir tragen, ist nicht das Gesetz der Verborgenheit und nicht der Geborgenheit. Manchmal verfälschen Menschen unser Christentum so, als ob unser Herrgott nur da wäre als Tröster, zu dem man geht, wenn man müde und wund ist. Auch das ist im Christentum; wenn wir müde sind und krank, sollen wir kommen und er wird uns stärken und gesund machen. Aber da fängt es erst an, christlich zu werden sein, da heißt es, … Licht wirklich zur inneren Gewinnung, zur Durchleuchtung der Völker. Wenn wir uns fragen – als Gewissensfrage – , ob unser Licht, unsere Christlichkeit die Kraft hat, Völker innerlich zu gewinnen, klingt es uns nicht zurück, wir waren nicht einmal gesund und stark genug, das eigene Volk innerlich anzubinden an den Herrn, wie sollen wir hinausstahlen in die ganze Welt, um das große Licht weiterzutragen? Man kann nicht Christ sein und das verschweigen und davon nur Glück haben wollen und nur Segen. Der Weg des Herrn in diese Welt ist ein Weg der Sendung, der missio, des Weggebens, der Verschwendung. (Alfred Delp, Predigten und Ansprachen, Gesammelte Schriften, Bd. 3, 171ff.)
Amen
Unseren Herrn Jesus Christus, der am heutigen Tag im Tempel dargestellt wurde, wollen wir bitten:
- Du wurdest am heutigen Tag im Tempel dem Vater ganz übergeben: Hilf uns immer mehr die Angst zu überwinden, Dir unser ganzes Leben anzuvertrauen, um so Dein Licht in der Welt zu bezeugen
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Du bist dem greisen Simeon im Tempel entgegengekommen, der in Dir seine Erwartungen erfüllt sah. Hilf uns und der ganzen Kirche, Dir in unseren Schwestern und Brüdern zu begegnen.
- Du bist die Hoffnung der Welt und die Prophetin Hanna hat über Dich zu allen gesprochen, denen sie begegnete: hilf uns, von Dir durch unser Reden und Tun glaubwürdig Zeugnis zu geben.
- Wir bitten Dich am heutigen Tag für alle Männern und Frauen, die in der Kirche ein dir geweihtes Lebens führen: Mache ihren Dienst für die Kirche und die Welt fruchtbar.
- In diesen Wochen bitten wir Dich um den Geist der Besonnenheit, der uns und unserem Land hilft, eine Regierung zu wählen, die dem Menschen und der Schöpfung dient.
- Wir bitten dich für unsere Toten: lass an ihnen Deine Verheißung in Erfüllung gehen und tröste die, die am Grab eines nahen Menschen trauern.
Dem allmächtigen Vater sei Dank, mit dem Sohn und dem Heiligen Geist jetzt und in alle Ewigkeit.
Amen.