Advent – oder: Gott kommt an – will ich das?
Die Texte am 4. Adventssonntag des Lesejahres C, die Lesungen (Mi 5, 1–4a und Hebr 10, 5–10) und das Evangelium (Lk 1, 39–45), finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
wir sind wieder einmal in den letzten Tagen der Vorbereitung auf das Weihnachtsfest angekommen. Da ist einerseits auf jeden Fall bei den meisten sicher die Vorfreude; dann die Sorge, ob alles passt, besorgt, organisiert ist. Viele Erwartungen sind mit diesem Fest verknüpft – und es gibt Gott sei Dank ja auch die eingespielte Routine frei nach dem “kölsche Grundgesetz“: Es ist bisher noch immer gut gegangen!
- Als Christen feiern wir in der Liturgie ja nicht einfach eine Erinnerung, dass etwas – die Geburt des Gottessohnes – einmal gewesen ist. Sondern wir staunen darüber, dass es „jetzt“ wieder geschieht: Gott will ankommen. Ich frage: Will ich das überhaupt?
Komische Frage? Im Evangelium hören wir heute, dass das Leben anders wird, auf den Kopf gestellt wird, wenn Jesus kommt. Da gibt es keine normale Routine mehr, sondern Aufbruch, Veränderung, Unterwegssein. Nach der Verkündigung durch den Engel macht sich Maria „mit Eile“ auf den Weg zu Elisabeth. Wir können uns sicher vorstellen, was in dieser Eile alles steckt! Sicher auch ein Erschrecken. In der Begegnung mit Elisabeth findet Maria wieder zu sich und beginnt zu begreifen: Sie singt ihr Magnifikat! Gott darf groß sein. Gott darf anders sein. Gott darf ankommen.
Noch einmal: Darf Gott ankommen?
Wenn Gott ankommt, dann schafft ER sich Raum. Und dieser Raum wird mehr und mehr Echo geben von DEM, der in ihm spricht und handeln will. Wir sehen das bei Maria – und wir sehen das bei den Vielen, die bis heute Jesus in ihrem Leben ankommen lassen. Bei jedem sieht das in der Konsequenz anders aus. Gemeinsam ist diesen Männern und Frauen allen, dass sie sich darauf eingelassen haben, die Kontrolle über ihr Leben abzugeben.
- Was macht es heute so schwer, Gott ankommen zu lassen? Unter den vielen möglichen Gründen möchte ich hier nennen, dass es uns immer mehr an Vorbildern fehlt, die uns Mut machen, einfach alles auf diese Karte zu setzen. Ich erinnere mich, wie ich als junger römischer Student von unserem damaligen Bischof Franz Kamphaus während seines Ad-limina-Besuches in Rom zu einer morgendlichen Messe in die Privatkapelle von Papst Johannes-Paul II. mitgenommen wurde. Diesen Papst aus einer unmittelbaren Nähe zu erleben, ihn still beten zu sehen und zu spüren, aus welchen Kanälen er seine Kraft bezog – noch heute, mehr als 35 Jahre danach, bezeugen mir meine Tagebuchaufzeichnungen, wie sehr mich diese Begegnung prägte und prägt!
- Wir feiern in wenigen Tagen Weihnachten und es möge für uns alle ein schönes, ein harmonisches, ein wohltuendes Fest werden. Dies sei von Herzen jedem gegönnt. Ich gönne es unserer Kirche und dieser Welt aber auch, dass wir wieder neu den Mut finden, Gott in unserem Leben ankommen zu lassen. Das würde so Vieles verändern, bewegen und heilen. Das heißt nicht, dass damit alles einfach und konfliktfrei werden würde. Keineswegs. Denn ER, das Krippenkind, bringt auch das Verborgene und Dunkle ans Licht – und nicht wenige scheuen sich davor, gerade das in ihrem Leben in den Blick zu nehmen!
Wir müssen uns Christus auch nicht als Einzelkämpfer zur Verfügung stehen. In wenigen Tagen wird Papst Fanziskus das Heilige Jahr eröffnen: „Pilger der Hoffnung“ können und dürfen wir gemeinsam sein. Da geht es nicht um Selbsterfahrung! Gerade im Blick auf den Pilgerweg nach Santiago de Compostela hat der Papst kürzlich ermahnt, dass Pilgern etwas anders sei als Selbsterfahrung! Beim Pilgern geht es immer darum, dass Christus in meinem Leben wächst, dass Seine Gegenwart in mir anderen die Freude an ihrem Leben mehrt – so, wie es in der Begegnung von Elisabeth und Maria erzählt wurde: „Als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib!“.
Das wäre schon mal ein gutes Zeichen: Wenn wir nach diesen Festtagen erzählen könnten, dass uns eine Freude erfüllt hat, die nachhallt!
Amen.
Barmherziger Gott, Maria war bereit, Deinen Sohn zu empfangen, damit Er Seinen Weg bei uns beginnen konnte: Wir bitten Dich:
- Lass in diesen Tagen der Vorbereitung auf das Fest die Bereitschaft in uns wachsen, Dir unser Leben zur Verfügung zu stellen: Dass Christus auch durch uns zur Welt kommen kann.
(Gott, unser Vater - Wir bitten dich, erhöre uns) - Sei denen nahe, die in diesen Tagen unter Einsamkeit, Krankheit und Not leiden und öffne uns den Blick dafür, wie wir ihnen helfen können.
- Wir bitten Dich in diesen Tagen besonders um den Frieden: in Europa, dem Nahen Osten, weltweit – und in unserem Herzen.
- Maria eilte zu Elisabeth, um ihr beizustehen. Wir bitten für die, die in Not sind und Hilfe brauchen und erbitten denen Deine Kraft, die sich in diesen Tagen um Verlassene und Obdachlose kümmern.
- Rufe unsere Verstorbenen in Dein Reich und lass so Deine Verheißung an ihnen in Erfüllung gehen.
Dir sei Dank, der Du mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebst und herrschst in alle Ewigkeit.
Amen.