Herrlichkeit – oder: unser Ansehen bei Gott


- Herrlichkeit – oder: unser Ansehen bei Gott
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore am 7. Sonntag der Osterzeit über unser Ansehen zum Download.
Die Texte des 7. Sonntags der Osterzeit des Lesejahres C der Lesungen (Apg 7, 55–60 und Offb 22, 12–14.16–17.20) und das Evangelium (Joh 17, 20–26) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
das Christentum spricht von …! Jetzt wäre hier Platz, all das anzuführen und aufzuzählen, was uns im Moment dazu einfällt. Die „Nächstenliebe“ gehört bestimmt dazu (wobei auf einem ganz anderen Blatt steht, was genau darunter zu verstehen ist!); „Vergebung“ könnte ein weiterer Begriff sein; „Ewiges Leben“ oder besser „Auferstehung nach dem Tod“, wäre ein weiterer wesentlicher Begriff – woran allerdings selbst Katholiken immer weniger glauben (erstaunlich, dass man Katholik sein kann, ohne Christ zu sein, aber vielleicht rührt das ja an den Kern unserer Kirchenkrise hierzulande …).
Worauf wohl nur wenige in dieser Aufzählung kommen würden: Das Christentum spricht von der „Herrlichkeit“ des Menschen, zumindest sollte es das, denn sie ist ein wesentlicher Begriff auch im heutigen Evangelium. „Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast“, sagt Jesus da.
Interessiert uns das? Hat das für uns irgendeine Bedeutung, Relevanz, so dass wir bereit sind, da näher zuzuhören? Es würde sich lohnen!
- Wir können anfangen, das Wort „Herrlichkeit“, wie es hier gebraucht wird, mit „Ansehen“ zu übersetzen. Das klingt doch viel aktueller. Das Ansehen einer Person, das, wofür sie gehalten wird. Was tut der Mensch nicht alles, damit er gut dasteht?! Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, wissen, wie wichtig das ist. Und wir erleben immer wieder, wie ein scheinbares Ansehen die Person dahinter nur maskiert! Durch Masken versuchen wir, unser Ansehen aufzupolieren. Wir versuchen, voreinander gut dazustehen, stark zu sein. Statussymbole sollen helfen, das Ansehen zu unterstützen, aufzupolieren. Aber was ist mit mir, demjenigen, der „unter“ all dem steckt? Wo darf und kann ich mich zeigen – so, wie ich bin? Jeder und jede von uns hat sicher im Laufe der Jahre auch negative Erfahrungen damit gemacht, den falschen Personen vertraut zu haben, zu viel anvertraut zu haben. Das macht vorsichtig …Wo und bei wem kann ich mich wirklich zeigen, ungefiltert?
„Ich habe ihnen das Ansehen gegeben, das du mir gegeben hast“ – Jesus weiß, dass Er der durch und durch geliebte Sohn des Vaters ist. ER weiß sich von Ihm getragen, von dem, den Er „Abba“, „Papa“ nennt. Er lebt ein grenzenloses Vertrauen, das es aushält, diesen Vater auch nicht zu verstehen – wie in jener Nacht des Verrats im Ölgarten.
Ein solches Ansehen gibt Jesus dem Menschen. Zu schön, um wahr zu sein? So scheint es! Es muss erzählt werden von Menschen, die das erfahren haben, deren Leben sich dadurch grundlegend verändert hat. Solche Menschen binden zwar nicht jedem alles über sich auf die Nase, sie sind aber – und das spürt man – durch und durch authentisch! Die einen fasziniert das – andere werden eher abgestoßen, gerade die, die eher Schutz hinter Masken suchen und sich gar nicht vorstellen können, dass das anders gehen könnte.
Durch Jesus wird mir ein Ansehen geschenkt, das mich ganz und gar meint. Das ist ein Fundament, auf dem ich bauen kann. Es wird mir Stand geben in all den Stürmen, die zu einem jeden Leben gehören.
- Jesus sagt im Evangelium aber noch mehr: Er hat uns die Herrlichkeit, das Ansehen gegeben, „damit sie eins sind, wie wir eins sind!“ Verengen wir das jetzt nicht gleich auf die Frage nach der Ökumene, auch wenn die natürlich wichtig ist. Eins sein – das meint keine Uniformität. Im Gegenteil: Es meint, dass wir beieinander sind und jeder unterschiedlich ist. Einmalig. Mit Ansehen.
Gesellschaftlich bekommen wir das gerade mit: Durch sprachliche Verordnungen soll deutlich werden, dass Vielfalt da ist. Mehr noch: Sie soll so akzeptiert werden. Das geht aber nicht durch Verordnungen! Das geht nur durch eine Haltung des Herzens – und ich bin skeptisch, ob sich eine solche Haltung in unserer Gesellschaft durchsetzen wird, nur weil ein „Mainstream“ dies lautstark fordert.
Aber: Christen können dazu einen Beitrag leisten – einfach deshalb, weil meine Würde nicht davon abhängt, ob sie mir zugesprochen wird, sondern davon, dass ich sie grundsätzlich habe. Ich habe sie aber nur von Gott her! Woher auch sonst?!
Es braucht Christen, die das Ansehen, das Gott schenkt, stark macht und die genau das vermitteln können: Um Gottes Willen bist du geliebt!
Ach davon spricht das Christentum – und ist auch deswegen hochaktuell.
Amen.
Unseren Herrn Jesus Christus, der uns sendet, in dieser Welt Zeugen der Frohen Botschaft zu sein, bitten wir:
- Hilf uns als Deiner Gemeinde, danach zu fragen und zu schauen, für wen wir in Deinem Namen da sein sollen, und lass uns mutige Entscheidungen treffen, um Deinem Auftrag zu dienen.
(Christus, höre uns – Christus, erhöre uns) - Lass unsere Kinder und Jugendlichen auch durch das Vorbild ihrer Eltern erfahren, dass Du ein Gott bist, der ihre Namen kennt und sie auf ihrem Lebensweg begleiten möchte.
- Schenke Deiner ganzen Kirche in der Zeit der Vorbereitung auf Pfingsten neue Zuversicht, um die Wege zu erkennen, die Du heute mit uns und allen Menschen gehen willst.
- Für die Ukraine und alle Teile dieser Welt, wo Waffen die Stimme des Friedens zum Schweigen bringen wollen. Schenke Du das, was uns Menschen unmöglich scheint: Ein friedliches Miteinander.
- Schenke unseren Verstorbenen bei Dir die Herrlichkeit, auf die sie im Leben gehofft haben.
Denn Du führst uns zum Vater, der mit Dir und dem Heiligen Geist lebst und herrscht in alle Ewigkeit.
Amen.
