Das Wort von der Versöhnung – oder: Der Dienst der Christen


- Das Wort von der Versöhnung – oder: Der Dienst der Christen
Predigt von Pfr. Dr. Robert Nandkisore zum 4. Fastensonntag über Dreh- und Angelpunkt der christlichen Botschaft zum Download.
Die Texte des 4. Fastensonntags des Lesejahres C der Lesungen (Jos 5, 9a.10–12 und 2 Kor 5, 17–21) und des Evangeliums (Lk 15, 1–3.11–32) finden Sie online im Schott der Erzabtei Beuron oder auch bei Evangelium in Leichter Sprache.
Liebe Schwestern und Brüder,
die erste Lesung aus dem Buch Josua und die wunderbare Perikope aus dem Lukasevangelium erklären sich eigentlich von selbst. Das trifft allerdings so nicht auf die zweite Lesung aus dem 2. Korintherbrief des Paulus zu. Es lohnt sich, gerade jetzt darauf zu schauen:
- Paulus hat die Gemeinde von Korinth gegründet. Sie ist sein „Kind“ und er spürt eine starke Verbundenheit zu ihr. Umso schmerzlicher ist es für ihn zu erleben, wie – von außen hereingetragen – Konflikte aufbrechen, die ihn und seinen Auftrag in Frage stellen. Es kommt zum Zerwürfnis – zur Wiederannäherung – und zur Versöhnung. Der 2. Brief an die Gemeinde, aus dem wir hörten, ist Ausdruck dieser Versöhnung. In ihm bringt Paulus zur Sprache, was genau ihm in der Verkündigung wichtig ist, worauf es ankommt. Das ist ja oft der Fall: Erst in einer Krise kommen Dinge zur Sprache, von denen man vorher meinte, man müsse sie nicht ansprechen! Und dadurch bekommen auch wir etwas Wesentliches über unseren Glauben gesagt. Paulus erinnert seine Gemeinde an etwas Fundamentales des jüdisch-christlichen Glaubens und erinnert dabei auch uns daran – gerade jetzt, in der Zeit des Krieges: Er spricht von der Versöhnung!
- Die Welt ist zerrissen, gespalten. Wir wissen: Es könnte anders sein, aber der Mensch verweigert sich dem. Die Motive dafür sind vielschichtig, das Ergebnis aber immer gleich: Unfriede, Spaltung, Streit. Der Mensch verweigert sich: Nach 40jähriger Wüstenwanderung und der unmittelbaren Erfahrung, dass sich Gott sorgt und kümmert (vgl. 1. Lesung), vergisst das Volk schon bald diese Nähe Gottes und verfällt in persönlichen und nationalen Egoismus. Da verletzt, wie wir im Evangelium hörten, ein jüngerer Sohn seinen Vater tief, dem er doch alles verdankt; und da ist der ältere Bruder nicht bereit zu Versöhnung mit dem jüngeren, die der Vater diesem schon längst gewährt hat.
Versöhnung: Darum dreht sich letztlich alles in der Theologie Israels: Die täglichen Opfer im Tempel sollten Ausdruck dafür sein und das Halten des mosaischen Gesetzes Zeichen für die tägliche Verbindung mit dem Gott, der uns Leben schenkt. Aber – wir wissen es selbst gut genug – wir handeln oft anders, gegen besseres Wissen. Hier öffnet sich das, was „Sünde“ genannt wird. Nichts Harmloses! Keineswegs. Sie hat Folgen. Oft lebensfeindliche. Wir spüren das gerade …!
Wenn Gott sich selbst ernst nimmt, dann kann Er sich nur vom Menschen abwenden – und die Propheten des AT sprechen oft genau davon, warnen, mahnen, werben im Namen Gottes zur Umkehr. Da kommt Er selbst in Jesus Christus zu uns, wirbt, ruft, lockt – und erfährt, wohin Abkehr von Gott führt: zum Tod! Das ist die Konsequenz. Aber dieser leidenschaftlich liebende Gott lässt das nicht zu. ER holt aus dem Tod. Sag da keiner, es würde nichts bringen, dem Wort Gottes zu folgen.
- Das ist unsere Aufgabe, so Paulus: Diese Versöhnung, die Gott anbietet, dem Weg, den Er uns zeigt, zu folgen und sich dafür zu öffnen. Bei der Versöhnung geht es nicht um Vor- oder Nachteile für den einen oder anderen, auch nicht um die Banalisierung von Unrecht und Leid. Es geht ums Leben. Leben, dem gegenüber ich mich öffnen oder verschließen kann!
- Papst Franziskus hat am vergangenen Freitag gemeinsam mit unzähligen Bischöfen und Priestern rund um den katholischen Erdball in einem Gebetsakt Russland und die Ukraine dem Herzen Mariens anvertraut. In seinem Weihegebet spricht er davon, dass „wir … vom Weg des Friedens abgekommen (sind), … dass wir die Verpflichtungen, die wir als Gemeinschaft (der) Nationen eingegangen sind, nicht erfüllt“ haben, und dass wir „die Träume der Völker vom Frieden“ verraten.
Die Haltung des Neins gegenüber Gott und Seinem Angebot: Das betrifft uns alle und sei es, dass wir durch unser Reden und Tun die Botschaft der Versöhnung zu wenig bezeugt haben, uns im Gebet dem zu wenig geöffnet haben.
Wir erleben in diesen Tagen und Wochen, wie Menschen ihre Hände, Türen und Herzen für die Not der Flüchtlinge öffnen – und das ist nicht an ein christliches Bekenntnis gebunden. Was jedoch daran gebunden ist, ist die Botschaft der Versöhnung, der Dreh- und Angelpunkt der christlichen Botschaft, die Paulus den Korinthern nahelegt. Die Botschaft, die bei der Feier der Eucharistie ein zentrales Element ist – für den, der sie hören will. „Lasst euch mit Gott versöhnen – hören wir diesen Ruf, verbreiten wir ihn.
Amen.
Zu Christus, der uns den Weg der Versöhnung lehrt, bitten wir:
- Hilf allen Christen, davon Zeugnis zu geben, dass die Versöhnung, die Du anbietest, zum Leben und zum Frieden miteinander führt.
(Du, der unsere Wunden heilt – wir bitten dich, erhöre uns) - In diesen so bedrängenden Wochen bitten wir Dich für alle verantwortlichen Kriegs- und Konfliktparteien: Lass sie begreifen, wie heilig jedes einzelne Menschenleben ist und schenke ihnen die Bereitschaft, sich dem Frieden und der Versöhnung zu öffnen.
- Hilf uns durch Dein Beispiel, gerade jetzt denen nahe zu sein, die durch Flucht und Zerstörung ihre Heimat verlassen mussten, und lass uns ihnen so Deine Sorge und Gegenwart bezeugen.
- Schenke uns selbst in dieser Fastenzeit Einsicht in begangenes Unrecht und die Bereitschaft, zur Versöhnung mit Dir und untereinander.
- Nimm diejenigen, deren Lebensweg zu Ende gegangen ist, in Deinem Frieden auf. (Wir bitten Dich für … und alle Verstorbenen, deren Glauben Du allein kennst).
Denn Du bist der liebende Gott, der mit dem Sohn und dem Heiligen Geist lebt und für uns da ist, jetzt und in Ewigkeit.
Amen.
